SAGRADA FAMILIA ist einer von mehreren Filmen junger chilenischerFilmemacher, die zur Zeit von sich reden machen: die Zeitschrift„matices“ stellte bereits PLAY (SPIEL) von AliciaScherson, EM LA CAMA (IM BETT) vonMatías Bize sowie SÁBADO– UNA PELICULA EN TIEMPO REAL (SÁBADO,DAS HOCHZEITSTAPE) vor. SÁBADO erscheint am 25. August als vierter Teil derkinolatino.de-DVD-Edition.Ute Mader schreibt über SAGRADAFAMILIA in der Zeitschrift matices:
Sebastián Campos - Sagrada Familia und der schwarzeHumor
Von Ute Mader
Der Film SAGRADA FAMILIA (HEILIGEFAMILIE) des chilenischen Filmemachers Sebastián Camposwurde bei der 15. Ausgabe des Internationalen Filmfestivals inInnsbruck im Wettbewerb präsentiert. Ein weiterer sehenswerterFilm von einem jungen Filmtalent aus Chile, bereits mit 9 Preisenausgezeichnet, der die bürgerliche Gesellschaft mit äußerstschwarzem Humor aufs Korn nimmt.
In Chile entwickelte sich eineheftige Polemik um den Film SAGRADA FAMILIA. BeimTEOREMA(TEOREMA – GEOMETRIE DER LIEBE) von Pasolini ziehen,der vor Jahren ebenfalls in Argentinien in Mar de la Plata mit demSIGNIS–Preis ausgezeichnet wurde. unabhängigenFilmfestival in Buenos Aires mit dem SIGNIS- Preis der katholischenFilmkritik ausgezeichnet, konnte man den Bezug zu
In SAGRADA FAMILIA geht esum einen österlichen Ausflug einer Familie ans Meer. Dererwachsene Sohn bekommt Besuch von seiner Freundin, die, mit allenWassern gewaschen, den Vater verführt. In Nachbarhäusernverbringen noch ein Schwulenpärchen und eine junge stumme Frau,eine Freundin von Marco, ihre Osterfeiertage. Die Ereignisseüberstürzen sich unvorhergesehen in turbulenter Art undWeise.
Wie wurde das Drehbuch zu dem Film entwickelt?
Na ja, ich hatte kein Drehbuch, ich hatte lediglich eine Idee undsuchte mir die Handlung. Meine Arbeitsmethode ist folgende: Ichversuche, so viel Material wie möglich zu haben und dann imSchnitt die Handlung zu bestimmen. Das Drehbuch ergibt sich aus demSchnitt. Ich hatte in meinen zwei Kurzfilmen CARGAVITAL ) und CIUDA DE MARAVILLAS bereits diese Methode benutzt. Ich kam auf diese Methode, weilsie mit dem Digitalmaterial günstig und einfach ist. Dafürgibt es bei Raúl Ruiz eine chilenische Tradition wie in demDrama TRES TIGRES TRISTES (1968) nach der literarischen Vorlage von GuillermoCabrera Infante oder von Miguel Littín EL CHACAL DE NAHUELTOROaus dem Jahre 1969. Es gibt dafür noch mehrchilenische Beispiele. Man dreht Spielfilme über einedokumentarische Methode. Ich hatte ein Treatment von insgesamt 12Seiten, ohne Dialoge, ohne Details. Wir schotteten uns von der Umweltab und lebten diesen Film drei Tage lang. Dabei gibt es keine Grenzemehr zwischen Person und Rolle, denn es vermischt sich die eigenePersönlichkeit mit der Rolle, das Unbewusste kommt hervor, undso vermeide ich gefakte Szenen im Film und erhalte ein Mehr anAuthentizität. Ich möchte die Natürlichkeit, dasSpontane, das Intellektuelle aus den Menschen hervorholen. Ichmöchte, dass sie das Kontrollierte - so wie sie mit ihrerFernsteuerung funktionieren oder meinen, funktionieren zu müssen- verlieren. Ich will, dass sie die Steifheit verlieren und dasSpontane hervor holen. Anschließend hatte ich 85 StundenMaterial und saß 10 Monate im Schnittraum.
Haben Dich die Ideen, die Dogma formuliert hat, beeinflusst?
Ich kann auch BREAKING THE WAVESdrehen, benötige dafür allerdings weniger Geld. Ich magauch einige Dogmafilme wie DAS FEST,doch für mich ist Dogma beileibe kein Credo. Die Kraft liegt imStil. Wenn ich mit dem DV–Material arbeite, arbeite ichsupergünstig, aber ich will technisch nicht in die Steinzeitzurück, etwa, indem ich kein Licht oder so etwas benutzen darf.Im nächsten Projekt werden wir mit High Definition arbeiten, undwir werden technisch hochwertigere Resultate haben. Das 35-mmMaterial entstand folgendermaßen: Wir haben das fertiggeschnittene Material auf eine Leinwand projiziert und dann mit einer35-mm Kamera abgefilmt. Die monochrome Struktur ließ den Lookder 70er Jahre entstehen, der ganz spontan entstanden ist und den icherst so gar nicht wollte. Für das Material hatte ich 200.000Dollar zur Verfügung, und ich konnte davon auch noch meine Leutebezahlen.
Die kreative Absicht ist jetzt klar, doch was ist für Dichpersönlich wichtig bei der Idee zu so einem Film wie SAGRADAFAMILIA?
Wir drehten den ganzen Film in den sechs Häusern an derKüste. Die Grundidee war, von HitchcocksROPE (COCKTAIL FÜR EINE LEICHE) eine Punk–Version zukreieren. Das ist eine Stilfrage. Ich bin halt in meinem Herzen eherPunk, mich interessieren anarchische Schaffensformen. In Chile hatsich kulturell sehr viel gewandelt, es gibt neue Musik- undTheatergruppen, gerade im Theater tut sich sehr viel, es gibterstaunlich viele Stücke auf den Spielplänen. Es gibt auchmehr Filme! Heute sind es zehn, vor 15 Jahren waren es gerade malzwei. Wir hatten mit 18 Kopien 45.000 Zuschauer fürSAGRADA FAMILIA. Der Film war jedoch erst ab 18 Jahren freigegeben, und die Gemüter derjenigen, die die Moral derGesellschaft hüten, waren aufgewühlt. Vor allem eineOrganisation, die sich „El Porvenir de Chile“ nennt, hat sich indieser Richtung mit besonderer Polemik und Druck hervorgetan.
Hast du ein neues Filmprojekt?
Ja. Dabei wird es um junge Leute gehen, die eine Weihnachtsnachtgemeinsam verbringen. Wir werden sehen, was dabei heraus kommt.
Weitere Informationen unter:
http://estaeslasagradafamilia.blogspot.com
http://www.horamagica.com
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