Die "World Cinema Foundation" unter der Leitung von OSCAR-Preisträger Martin Scorsese hat sich zum Ziel gesetzt, gefährdete Filme aus aller Welt durch Restaurierung vor dem Zerfall zu retten und für die Nachwelt zu bewahren.
Der Umgang mit unserem filmischen Kulturerbe war viel zu lange mehr als nur schluderig. Aus den Anfangsjahren des Mediums sind mehr als 90 Prozent aller Filme verschollen. Oft sind die Ursachen für die unwiderbringlichen Verluste nicht in höherer Gewalt (Zerstörung durch Brände o.ä.), sondern eher in schlechter Archivierung und mangelnder Weitsicht zu suchen. Man wusste, dass die gerade erst gedrehten Filme bald schon technisch überholt seien und glaubte sie würden binnen kürzester Zeit niemanden mehr interessieren. So wurden die Negative einfach weiterverwendet. Populäre Fälle von fahrlässigem Umgang sind die von Produktionsfirmen verstümmelten Filmkunstwerkevon Erich von Stroheim und der ebenfalls nicht mehr vollständigerhaltene METROPOLIS von Fritz Lang. Heute, im Zeitalter der "Director Cuts" ist so etwas kaum zu glauben. Ein Umdenken , ein behutsamerer Umgang mit den Originalen, fand nur langsam statt. Von den Filmen bis zum Jahr 1950 sind es immer noch mehr als 50 Prozent, die nicht mehr erhalten sind. Sehr viele weitere sind bedroht, sie verlieren ihre Farben und gehen kaputt. Restaurierungen sind dringend notwendig, nur: bislang sah sich niemand in der Pflicht, diese Aufgabe zu übernehmen, auch nicht die Filmstudios. Dies ist die Ausgangssituation, die zur Gründung der "World Cinema Foundation" geführt hat. Ende Mai präsentierte MartinScorsese sein Projekt. Bei den Filmfestspielen in Cannes stellte er einigeseiner Mitstreiter vor. Mit im Boot sind -neben den wichtigsten Filmarchiven mit denen die Arbeit koordiniert wird- unter anderem der türkischstämmige deutsche Regisseur FatihAkin, Wong Kar-Wai, Walter Salles, Wim Wenders, Bertrand Tavenier, sowie Stephen Frears. Die World Cinema Foundation braucht Geld, viel Geld! Scorsese rechnet mit 20-30 Millionen Euro, um die Foundation eine Dekade lang erhalten zu können. Die restaurierten Filme sollen ein Forum bekommen und einer großen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden: geplant ist ein eigenes Festival. Zu den ersten Projekten auf der Agenda gehört auch ein lateinamerikanischer Film: LIMITE von Mario Peixoto aus dem Jahr 1931. Obwohl das surreal-poetische Werk schon mehrfach zum besten brasilianischen Film aller Zeiten gewählt wurde, lief der heute akut bedrohte Film niemals offiziell in den Kinos. Sein Ruhm ist Orson Wells zu verdanken, der von LIMITE begeistert war, seit er ihn bei seinem Lateinamerikaufenthalt 1942 erstmals gesehen hatte. Die Idee der Restaurierung geht auf Walter Salles zurück, der selber 1996 ein Mario-Peixoto-Archiv eröffnete, um den Nachlass des Regisseurs zu schützen. Er selbst hatte Mario Peixoto in den 80er-Jahren kennengelernt und den verarmten alten und kranken Mann bis zu dessen Tod 1992 finanziell unterstützt.
Text: sp
Bild: imdb.com
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