EnriquePiñeyros Film WHISKY ROMEO ZULU, der seit wenigen Tagen in spanischenKinos läuft, basiert auf einer wahren Geschichte. Es ist eineGeschichte menschlichen Versagens, die sich leider immer und überallwiederholt und dabei das Ausmaß einer Tragödie annimmt. Die bislangletzte dieser Tragödien ereignete sich erst kürzlich in Sao Paolo undkostete mehrere hundert Menschenleben...
Es geschah am 31. August 1999 am "Aeroparque Jorge Newberry", demnationalen Flughafen von Buenos Aires. Eine Boeing 737 derBilligfluglinie LAPA, die ins Landesinnere, in die Stadt Córdobafliegen sollte, raste beim Start über die Bahn hinaus, über eine dichtbefahrene Straße hinweg, hob kurz ab, zerschellte dann auf einemGolfplatz und ging in Flammen auf. 70 Menschen starben, nur 26Passagiere überlebten das Unglück. Wäre das Flugzeug in die nahgelegene Tankstelle oder das benachbarte Freizeitcenter gerast, wäredie Anzahl der Todesopfer noch viel höher gewesen.
Fünf Jahre später rekonstruiert Enrique Piñeyro dieGeschehnisse minuziös in einem fesselnden Dokudrama. Für ihn handelt essich um die Chronik einer angekündigten Katastrophe, denn Piñeyro -Produzent, Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller des Films -kennt die Materie: er war früher selber Pilot. Er beschuldigt dieFluglinie, Hauptverantwortliche der Katastrophe zu sein. Sie habe esüber Jahre hinweg versäumt, die Piloten genügend auszubilden und aufeinen Notfall vorzubereiten. Durch fehlende Investitionen in neueMaschinen und die mangelnde Wartung der teilweise 30 Jahre altenFlugzeuge sei es letztlich zu dem Unglück gekommen. Tatsächlichbeschäftigte das Unglück der Boeing 737 mit der Flugnummer 3142 langeZeit die Behörden und entfachte eine Debatte über Flugsicherheit inArgentinien. Was Piñeyros Film so interssant macht, ist, dass erein Ausdruck seiner Zeit ist. In den 90er Jahren, unter der RegierungCarlos Menems erlebte Argentinien eine exzessive neoliberale Poltik,Staatseigentum wurde hemmungslos und ohne Beschränkungen verkauft oderprivatisiert. Kurzfristig vermittelte diese Politik den Argentinierndie Illusion, ein reiches Land und die beherrschende Wirtschaftsmachtin Lateinamerika zu sein. Langfristig führte der "Menemismus" zumStaatsbankrott und bereicherte nur wenige und führte viele Menschen inden Bankrott. Noch heute sind die Folgen spürbar. Nicht zuletzt zeigenviele privatisierte Unternehmen die gleichen Symptome wie die LAPA. Siekranken an einseitiger, ausschließlich profitorierter Firmenpolitik: zuGunsten der Gewinnspanne erfolgten Entlassungen, Investitionen wurdengekürzt, Anlagen wurden mangelhaft gewartet, die notwendigenSpezialisten mangelhaft ausgebildet. Dadurch kam und kommt es in diesenUnternehmen (beispielsweise bei den Energieversorgern des Landes) immerwieder zu massiven Störungen und Beeinträchtigungen. Längst hat dieBevölkerung ihr Vertrauen in Politik und Wirtschaft verloren. WHISKYROMEO ZULU nährt einmal mehr ihr Misstrauen.
Enrique Piñeyro ist dem deutschen Kinopublikum durch seineAuftritte in Filmen Daniel Burmans und besonders durch Marco BechisJUNTA bekannt, zuletzt fungierte das Multitalent als Produzent vonAriel Rotters EL OTRO. WHISKY ROMEO ZULU ist seine erste Regiearbeit.Zur Zeit ist Enrique Piñeyro wieder als Schauspieler in demspanischen Spielfilm HOTEL TÍVOLI von Antón Reixa aufeuropäischen Leinwänden zu sehen.
Text: sp
Bild: cinenacional.com
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