In der formidablen Cinemathek des MALBA (Museo de Arte Latinoamericano de Buenos Aires) hat die Redaktion von kinolatino.de einen ebenso formidablen Film gesehen: FRANCIA von Adrián Caetano.
Adrián Caetano stammt aus Uruguay, gilt aber zu Recht als argentinischer Filmemacher. Wie kein anderer Regisseur aus Argentinien bringt er in seinen Filmen die Themen auf den Punkt, die das Land beschäftigen. In dem urbanen Western UN OSO ROJO ist es die Gewaltproblematik, in BOLIVIA ist es der Rassismus in der Einwanderernation gegenüber Migranten aus anderen, ärmeren Ländern Lateinamerikas, in CRÓNICA DE UNA FUGA ist es die Aufarbeitung der Militärdiktatur zwischen 1976 und 1983, FRANCIA, sein neuester Film zeigt die Folgen, die die permanente Wirtschaftskrise seit dem Staatsbankrott 2001 auf weite Teile der Bevölkerung hat, besonders auf die, die der Mittelschicht des Landes zugerechnet werden.
Erzählt wird die Geschichte von Cristina und Carlos, zweier junger Erwachsener (Großartig: Natalia Oreiro und Lautaro Delgado), die aus einer kurzen Beziehung eine gemeinsame Tochter haben: Mariana, die aber Gloria genannt werden will (gespielt wird Mariana/Gloria von Milagros Caetano, der Tochter des Regisseurs). Das Schicksal will es so, dass Cristina und Carlos wieder unter einem Dach wohnen müssen. Cristina leidet unter ihrer Arbeit als Dienstmädchen bei einer dekadenten, schwierigen reichen älteren Dame, Carlos leidet, weil die Werkstatt, die er leitet, vor dem Bankrott steht. Aber das sind nicht die einzigen Probleme, die sie haben. Erzählt wird diese traurig-realistische Geschichte aus der Perspektive von Mariana/Gloria, die auf der Schwelle zum Teenageralter stehend, langsam erleben muss, dass die Welt außerhalb ihres Heimes oft hart und ungerecht ist und die deswegen beschlossen hat, sich abzuschotten, in ihrer eigenen Welt der Imagination und der Wünsche zu leben.
Die gnadenlos-realistische Analyse über den aktuellen Zustand Argentiniens wird komplett ohne Bitterkeit, sehr subtil und nicht ohne Hoffnung erzählt.
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