Demnächst wird der neueDokumentarfilm DE NADIE von Tin Dirdamal in den delicatessen-Kinosin Deutschland anlaufen. Heute ist er im Gropius-Bau Berlin um 18.30h zu sehen. Der Film berrichtet über dieverheerende Situation der zentralamerikanischen Emigranten auf ihremWeg durch Mexiko in die USA. Wir haben den jungen Regisseur TinDirdamal, eigentlich Héctor Cadena, getroffen und freuen uns,ein Interview mit dem 24jährigen Mexikaner veröffentlichenzu können.
Wie kamst du auf die Idee, diesenFilm zu machen? Vorher hattest du doch konkret nie etwas mit Filmenzu tun...
Ich habe in einem von der katholischenKirche getragenen Migrantenheim in Veracruz (Mexiko)Frewilligendienst geleistet und bin so auf die katastrophaleSituation der Immigranten aufmerksam geworden. Es handelt sichhauptsächlich um Menschen aus Zentralamerika, die durch Mexikoin das „gelobte Land“, die USA, auswandern wollen, um dort zuarbeiten und Geld für ihre Familien zu verdienen. Währendmeines Aufenthalts in diesem Migrantenhaus nahm ich eines Tages eineKamera in die Hand und begann die Erzählungen der Auswandererzu dokumentieren. Die Schilderungen und Lebensumstände derMigranten fesselten mich so sehr, dass ich mir zum Ziel setzte, aufdas Problem der Migration in Mexiko aufmerksam zu machen.
Was wolltest du mit diesemDokumentarfilm bewirken?
Niemand in Mexiko weiss wirklich überdie Schicksale dieser Menschen Bescheid und noch weniger werden dieMisshandlung und Menschenrechtsverletzungen, die sie erfahren, in dieÖffentlichkeit getragen. Die Leute sehen Migranten immer alsetwas Schlechtes an, weil sie illegal sind und dreckig, aber es sindMenschen mit großem Mut, voller Träume und Ziele. Der Filmsoll das Problem der Migration verständlich machen und denharten Alltag dieser Menschen beschreiben. Meiner Meinung nach hatdas heutige Kino keine Tiefe, auch das war ein Grund, den Film zurealisieren.
Welches sind konkret die Probleme,mit denen die Migranten zu kämpfen haben?
Zum einen gibt es die Jugendbande „LaMara Salvatrucha“, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Auswandererzu fangen, zu misshandeln und zu töten. Insbesonderekonzentrieren sie sich darauf, Menschen auf den Güterzügenabzufangen und Frauen zu vergewaltigen. Die Güterzüge sinddas Haupttransportmittel der Immigranten. Zum anderen ist da natürlichdie mexikanische Grenzpolizei, welche sehr korrupt ist und meist auchvon Seiten der USA bei ihren Greueltaten unterstützt wird.Die Einwanderungsbehörden sind hilflos.
Kannst du kurz den Titel erklären?
Der Film trägt den Namen DE NADIE(übersetzt: 'zu niemandem gehörig') weil die Migranten zu Niemanden werden,sobald sie die Grenze Mexikos überschritten haben; ohne Papiere,um nicht abgeschoben zu werden, falls sie von der Polizeiaufgegriffen werden. Es ist schon schwer ein Visum für die USAzu bekommen, noch schwerer ist es allerdings an eineAufenthaltsgenehmigung für Mexiko zu gelangen.
Hattest du dir von diesem Filmsoviel Erfolg erhofft?
Nein, ganz im Gegenteil. Ich hätteniemals erwartet, dass ich mit dem Film gleich auf so vielenFestivals Preise gewinnen würde. Auf 20 Festivals wurder derFilm gezeigt und fand sowohl in Mexiko, als auch in den USA großenAnklang.
Wie sieht es mit zukünftigenProjekten aus? Möchtest du weiter in der Filmbranche arbeiten?
Ja, auf jeden Fall. Ich plane bereitsmeinen nächsten Film. Wieder eine Dokumentation, diesmal überdie Wasserproblematik in der Welt. Speziell beziehe ich mich aber aufBolivien, dort habe ich gerade ein Jahr gelebt.
Auch Jackie Campbell, unterstützendeProduzentin und vor Ort in Mexiko als Betreuerin tätig, war beidem Gespräch dabei und erzählte, wie es zur Finanzierungund schließlichen Realisierung des Films kommen konnte:
Ich wurde auf den Jungen aufmerksam,weil mir seine Art gefiel, mit den Migranten umzugehen. Die Idee, ausden Höllentouren der Betroffenen einen Film zu machen gefiel mirsehr gut und so überzeugte ich meinen vorgesetzten Bischof. Erwiederum sprach mit weiteren Bischöfen und konnte sie gleichwohlfür das Projekt begeistern. So kam es dazu, dass Gelder zurVerfügung gestellt wurden, auch wenn keiner wusste, dass einnicht-katholischer Jugendlicher der Urheber des Films sein würde.Im Allgemeinen lehnt sich die katholische Kirche in Mexiko nichtgegen den Staat auf, wenn es aber um Dinge der Menschlichkeit geht, stehtdie Kirche auf Seiten der Leute - auch wenn in diesem Fall durch dieFinanzierung des Projektes der Staat denunziert wurde.
Tin Dirdamal wurde 1982 in Monterreygeboren und studierte Maschinenbau. Er besuchte zuvor nie eineFilmschule. Zwei Jahre befragte und begleitete er einige Migrantenaus Honduras und El Salvador.
Mit folgenden Preisen wurde der Filmbereits ausgezeichnet:
-Best Opera PrimaMexicana, Guadalajara 2005
-Best Film, Monterrey 2005
-World Cinema AudienceAward, Sundance 2006
Weitere Informationen zum Film gibt esbei ADVENIAT– Hilfe der deutschen Katholiken für die Kirche inLateinamerika. Das Migrantenheim in Veracruz zählt zu einem derzahlreichen Projekte, welche von ADVENIAT unterstützt werden.
Text: es
Bild: ADVENIAT
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