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LUCIE ET MAINTENANT

Im Mai des Jahres 1982 brechen der argentinische Schriftsteller Julio Cortázar und seine Lebensgefährtin Carol Dunlop in ihrem VW-Bus zu einer Reise auf der Autobahn von Paris nach Marseille auf. Fast 25 Jahre später machen sich Océane Madelaine und Jocelyn Bonnerave auf den Weg, um diese Reise, die außergewöhnlicher war, als es auf den ersten Blick scheint, noch einmal zu unternehmen. Nicole Humbert, Werner Penzel und Simone Fürbringer haben dieses Projekt in ihrem Film LUCIE ET MAINTENANT dokumentiert.

Julio Cortázar - ein Argentinier, obwohl er 1914 in Brüssel geboren wurde und 1984 in Paris starb - war einer der originellsten und  kreativsten Autoren Lateinamerikas: nur wurde das hier zu Lande bislang kaum wahrgenommen. Seine kurzen Erzählungen haben eine unvergleichliche spielerische Grazie - doch allerdings erwerben die Erzähler von Kurzgeschichten traditionellerweise nicht annähernd den selben Ruhm wie Romanautoren. Sein Meisterwerk aber war der Romanbaukasten RAYUELA - ein Geniestreich, allerdings ein sehr avantgardistischer und intellektueller und darum auch nicht gerade ein Bestseller. In Deutschland stand Cortázar immer im Schatten seiner Kollegen aus Peru, Kolumbien und Mexiko. In Sachen Ruhm konnte er nicht mit Mario Vargas Llosa, Carlos Fuentes, Octavio Paz oder Gabriel García Márquez gleichziehen - obwohl er definitiv der europäischste unter diesen genannten Schriftstellern war. Sein größter Erfolg ist von einer anderen Genieleistung überdeckt: Michelangelo Antonioni verfilmte1966 Cortázars Kurzgeschichte LAS BABAS DEL DIABOLO und schrieb damit Filmgeschichte. Den Namen des Ideengebers findet man nur in Fußnoten.

1979 heiratete Cortázar die kanadische Fotografin Carol Dunlop. 1982 brachen sie  zu einer Entdeckungsreise auf. Nach der Rückkehr schrieben sie ihren Expeditionsbericht gemeinsam nieder. Welchen Anteil seine Lebensgefährtin an dem Projekt hat, erklärt Cortázar im Postscriptum zu dem Buch mit dem schönen Titel AUTONAUTAS DE LA COSMOPISTA: "Julio, el Lobo, termina y ordena solo este libro que fue vivido y escrito por la Osita (Carol) y por él como un pianista toca una sonata, las manos unidas en una solo búsqueda de ritmo y melodía." 

Subjekt ihrer Entdeckungsreise ist kein mythischer, kein utopischer, kein exotischer Ort , sondern ein Nicht-Ort: die Autobahn. Ein Ort, genauso banal und monoton wie der Text zu KRAFTWERKS minimalistischem Elektropopklassiker: "Wir fahrn, fahrn, fahrn auf der Autobahn (...) Die Fahrbahn ist ein graues Band, weisse Streifen, grüner Rand." Für Dunlop und Cortázar ist die Reise ein Spiel: Dort, wo manche mit 220 Stundenkilometern die letzte Bastion der Freiheit sehen, machen sie sich auf die Suche nach der Langsamkeit. Denn ihre Reise hat Spielregeln: Einen Monat lebten sie auf der Autobahn zwischen Paris und Marseille, um die Strecke zwischen diesen beiden Städten mit ihrem VW-Bus "Fafnir" zurückzulegen. Täglich fuhren sie auf zwei Rastplätze, auf den einen zum Mittagessen, auf den anderen zum Übernachten. Insgesamt fuhren sie 70 Rastplätze an, um ihre "wissenschaftlichen Erkundungen durchzuführen". Ihre Fahrt war in präzise Etappen eingeteilt. All ihre Erlebnisse und Erfahrungen notierten sie minutiös in ihrem "Bordbuch". Am Sonntag, dem 23. Mai 1982 brachen sie um 14.12 h in Paris zu ihrer selbstironischen und parodistischen Entdeckungsfahrt auf, die gleichzeitig verspätete Flitterwochen und sentimentaler Abschied waren.Die Reise war seit Jahren geplant, musste immer wieder verschoben werden, beide Dunlop und Cortázar waren schon von schwerer Krankheit gezeichnet; beide litten offiziell unter der Leukämie, heute glaubt man, dass sie mit dem damals noch unbekannten HIV-Virus infiziert waren. Dunlop hat die Veröffentlichung des Buches nicht mehr miterlebt, nur wenige Wochen nach ihrer Rückkehr verstarb sie: "el 2 de noviembre se me fue de entre las manos como un hilito de agua." LAS AUTONAUTAS DE LA COSMOPISTA ist ihr letztes gemeinsames Projekt. Cortázar überlebte sie um weniger als zwei Jahre.

 

Fast 25 Jahre später machen sich Océane Madelaine und Jocelyn Bonnerave auf den Weg, um diese letzte romantische Verrücktheit und - im positiven Sinne - Spinnerei der beiden noch einmal zu wiederholen. Doch ist diese Aktion überhaupt wiederholbar? Ist es nicht gerade die Originalität des Projektes, das dessen Reiz ausmacht? Ist dieser anachronistische Akt des Widerstandes gegen die Moderne, der der Reise Cortázars/Dunlops innewohnt überhaupt in die heutige Zeit transportierbar? Und wie sieht es mit der persönlichen Komponente aus? Die Fahrt von Paris nach Marseille mit ihrem Beschützer "Fafnir" (so hiess übrigens der Drachen, der den Nibelungenhort bewachte) war ein  Akt des Widerstandes gegen die "Dämonen", wie Cortázar diskret die Krankheit der beiden bezeichnet, ein Akt der Rebellion gegen den schon gegenwärtigen, nahenden Tod, ein romantisch-sentimentales "Au revoir" der beiden Liebenden. Und: sind die märchenhaften Einfälle des Schriftstellers, dessen Gedankenspielereien, Realitätsübertreibungen und literarischen Improvisationen in diesem Fall überhaupt als philosophisches Filmexperiment auf die Leinwand zu bringen?

A ver....

LUCIE ET MAINTENANT läuft ab dem 19.6.2008 in ausgewählten Kinos an.


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