Immer mehr Filme aus dem geographischen Raum zwischen dem Rio Bravo und Patagonien feierten in letzter Zeit mehr als nur Achtungserfolge bei internationalen Filmfestivals. Vor der diesjährigen OSCAR - Verleihung sprach die spanische Tageszeitung EL PAIS schon von einem "Boom" des lateinamerikanischen Kinos. Dem zollt das "Filmcasino" Wien nun Tribut und lädt zwischen dem 5. und 12.4. zum 1. Cine Latino-Festival ein.
Der Eröffnungsfilm QUINCEAñERA zeigt einen Ausschnitt aus dem Leben von Latinos in Los Angeles, die auf ihrem weiten Weg Traditionen und Wertevorstellungen aus der Heimat mitgebracht haben. In Lateinamerika bedeutet der Eintritt ins 15. Lebensjahr, die "quinceañera", für junge Frauen gleichzeitig den Eintritt in einen neuen Lebensabschnitt und wird dementsprechend groß gefeiert. Ausgerechnet die Vorbereitungen für dieses Fest sind für die Familie Magdalenas der Auslöser für eine Familientragödie. Bei der Anprobe des Festkleides offenbart sich, dass Magdalena schwanger ist. Ihr Vater verstößt sie, und sie kommt bei ihrem Großonkel und ihrem schwulen Cousin, den anderen schwarzen Schafen der Familie unter - eine neue Patchworkfamilie entsteht. Der gleichzeitig humorvolle und anrührende Film des US- Amerikaners Richard Glatzer - der damit einen Blick von "außen" auf Lateinamerika und die große Latino- Gemeinde im Süden der USA wirft - wurde beim Sundance Festival 2006 mit dem Großen Preis der Jury und dem Publikumspreis ausgezeichnet.
Die anderen der etwa 20 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilmproduktionen aus Mexiko, Peru, Bolivien, Brasilien, Chile, Argentinien und Kuba bilden eine cineastische Reise durch Lateinamerika und umreißen aktuelle gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen des Kontinents. Schwerpunkt ist die Thematisierung des komplexen und globalen Phänomens der Migration. Die gezeigten Filme (AL OTRO LADO, ASALTO AL SUEñO, VIVA CUBA und TO THE OTHER SIDE) beschäftigen sich mit der Frage, warum sich Menschen auf die lange, beschwerliche und gefährliche Reise machen und welche Probleme sie im scheinbar gelobten Land -für Lateinamerikaner sind es vor allem die USA- erwarten: Waren es in Lateinamerika bis vor einigen Jahren vor allem Diktaturen oder Bürgerkriege, die die Menschen ins Exil zwangen, sind heute die Hauptgründe für Migration die verzweifelte Suche nach Auswegen aus einer miserablen ökonomischen Lebenssituation, der Versuch sich selbst und den Familienangehörigen ein Leben in Würde zu ermöglichen, also die Grenze zwischen Arm und Reich zu überwinden.
Text: sp
Bild: AL OTRO LADO (Lateinamerika Filmfestival Bremen)
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