Hier ist ein Überblick über die lateinamerikanischen Filme bei den argentinischen Filmtagen von Halle und Leipzig.
Contracorriente (Gegen den Strom)
Javier Fuentes León, OmeU, Peru/Kolumbien/Frankreich/Deutschland, 2009, 100'
Cabo Blanco ist ein kleines Fischerdorf an der peruanischen Pazifikküste. Hier lebt der junge Fischer Miguel, dessen Frau Mariela im siebten Monat schwanger ist. Miguel liebt seine Frau und ist voller Vorfreude auf seine bevorstehende Vaterschaft, hat aber auch eine heimliche Affäre mit dem Maler Santiago. Miguel fühlt sich hin und her gerissen zwischen seiner Verantwortung als Ehemann und zukünftigem Vater sowie der Angst, seine Beziehung zu Santiago könnte entdeckt werden. Die Situation ändert sich dramatisch, als Santiago bei einem Unfall ertrinkt. Der Totenkult des Dorfes verlangt, dass ein Verstorbener von einem geliebten Menschen öffentlich gesegnet und anschließend dem Ozean übergeben wird. Miguel steht nun vor der schwersten Entscheidung seines Lebens.
El edificio de los chilenos – Das Haus der Chilenen
Macarena Aguiló, OmeU, Chile/Frankreich/Kuba/Niederlande, 2010, 95'
Als die Aktivisten der chilenischen Revolutionsbewegung MIR in den 70er Jahren zurück in ihr Land gehen, um gegen Pinochets Regime zu kämpfen, lassen sie ihre Kinder im kubanischen Exil zurück. Im so genannten „Projekt Zuhause“ werden diese von anderen Genossen in familienartigen Gemeinschaften jahrelang betreut. Kontakt zu den Eltern besteht nur durch Briefe. Macarena Aguiló ist eines dieser Kinder. Sehr intim und dennoch stets reflektiert schildert die Regisseurin das eigene Schicksal und das der anderen Heimbewohner, lässt aber auch die Eltern und Betreuer zu Wort kommen. Spürbar sind dabei die gemeinsame Trauer um die verlorene Zeit sowie die Verletzungen und Traumata, die durch die Trennungen entstanden sind. Der Film zeigt aber auch das erlebte Gemeinschaftsgefühl und die Beweggründe der Erwachsenen für einen Kampf, der letztendlich scheiterte.
Hermano (Bruder)
Marcel Rasquin, OmeU, Venezuela, 2010, 97'
In den Slums von Caracas finden eine Mutter und ihr kleiner Sohn Julio ein ausgesetztes Baby. 16 Jahre später ist Daniel, genannt Gato, fester Bestandteil der Familie und gehört mit Julio zu den talentiertesten Fußballspielern seines Viertels. Doch während er von einer Karriere beim FC Caracas träumt, rutscht sein älterer Bruder immer mehr in die Drogenszene hinein. Als Gato von einem Talentscout entdeckt wird, muss er sich zwischen seiner Familie und der Chance auf ein besseres Leben außerhalb des Armenviertels entscheiden. Ein liebevoller Film über geschwisterliche Liebe und die Möglichkeit, aus dem bisherigen Leben auszubrechen.
Karen llora en un bus (Karen cries on the bus)
Gabriel Rojas Vera, OmeU, Kolumbien, 2011, 98'
Karen ist unglücklich in ihrer Ehe und entscheidet sich nach zehn Jahren ihren Mann zu verlassen. Zum ersten Mal auf sich allein gestellt, muss sie ihr Leben neu ordnen. Ohne Job, mit wenig Geld und keinen Freunden landet Karen in einer Absteige, wo sie die Friseurin Patricia kennen lernt. An der Seite der jüngeren und stärkeren Freundin macht Karen die ersten Schritte in die Unabhängigkeit. Wenig später trifft sie den Schriftsteller Eduardo. Gabriel Rojas Vera erzählt die Geschichte einer Frau auf dem Weg zu sich selbst und berührt dabei auch die großen Fragen des Lebens.
Turistas
Alicia Scherson, OmeU, Chile, 2009, 104'
Carla, 37, verheiratet, vielleicht schwanger, fährt mit ihrem Mann Richtung Süden in die Sommerferien. Ein Twist zwischen dem Paar ändert jedoch den geplanten Urlaub und Carla findet sich am Straßenrand wieder. Mit dem Rucksacktouristen Ulrik macht sie sich auf in Richtung Nationalpark. Inmitten der Wildnis schließt sie allerlei skurrile Bekanntschaften. Da entpuppen sich der Parkwächter als ehemaliger Schlagerstar und die Kioskbetreiberinnen als Joy Division-Fans. Mit bizarr-schönen Bilder und viel Sinn für das Absurde zeigt die Regisseurin: Im Leben sind wir alle Touristen.
Tambien la lluvia (Even the rain)
Icíar Bollaín, OF mit dt. UT, Spanien/Mexico/Frankreich, 2010, 103'
Der Regisseur Sebastián möchte im Jahr 2000 rund um der bolivianischen Stadt Cochabamba mit indigenen Laienschauspielern die Geschichte von Christopher Kolumbus nacherzählen. Aus der Perspektive der Ureinwohner Amerikas soll die Ankunft des „weißen Mannes“ als der Beginn der Tyrannei und der Ausbeutung dargestellt werden. Während die Dreharbeiten langsam fortschreiten, wird in der Stadt die gesamte Wasserversorgung privatisiert und in die Hände eines globalen Wassermultis gegeben. Daraufhin gehen die Armut lebenden Bewohner auf die Barrikaden. Regisseur und Produzent realisieren erst spät, dass sich die Geschichte wiederholt und mehr als 500 Jahre nach Kolumbus die indigene Bevölkerung immer noch unter der Ausbeutung der westlichen Welt leidet. Der Film erhielt dieses Jahr auf der Berlinale den PanoramaPublikumsPreis in der Kategorie Spielfilm.
Informationen über Termine und Spielorte entnehmen Sie der Tagespresse und der Webseite des Filmfestivals.
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