Beim 33. Filmfest Rotterdam lief im Wettbewerb der erste Spielfilm des überaus begabten Regisseurs Josué Méndez, DÍAS DE SANTIAGO. Ute Mader war vor Ort und hat ein Interview mit dem Limeño geführt. Santiago ist 23 Jahre alt und hat seine Zeit in der Armee hinter sich gebracht. Der Alltag dort war genau eingeteilt: Wenn die Truppe auf Mission ging, um die Ecuadorianer zu bekämpfen oder gegen Drogenmafia und Terror vorzugehen, dann waren das richtige Einsätze. Doch nun, wieder zurück in Lima im zivilen Leben, gelingt es dem jungen Mann nicht so recht, den antrainierten und verinnerlichten Drill zu verdrängen – im Gegenteil, er ist allzeit bereit.
Doch statt Verständnis zu zeigen, versagt die Gesellschaft dieAnerkennung für die geleisteten Dienste der jungen Leuten. SantiagosKommunikation ist gestört, die Familie nimmt Abstand von ihm, seineFrau verlässt ihn. Er versucht mit Taxi fahren Geld zu verdienen und soseine Ausbildung zu finanzieren. Die kleinen Teufel im Kopf bleibendabei immer präsent. In einer Szene möchte Santiago mit seiner Fraueinen Kühlschrank kaufen, doch er fühlt sich angegriffen und seinenDienst fürs Vaterland verkannt. Er verliert gegenüber dem Verkäuferkomplett die Kontrolle, die Situation eskaliert und es wirdaußerordentlich peinlich, vor allem für seine Frau, die vergeblichversucht, ihn zu beruhigen.
Wie bist du an Pietro, den überaus präsenten Hauptdarsteller, gekommen, der die Rolle intensiv verkörpert?
Pietro Sibille ist in Peru ein anerkannter Theaterschauspieler und er hat sich mit der Rolle des Santiago intensiv auseinandergesetzt. Die Person, die Santiago im wirklichen Leben war, hat ihm seine Erlebnisse erzählt und er hat sich in die Rolle hinein versetzt. Dabei schafft er auf der Leinwand eine Figur zu verkörpern, die sehr beeindruckend ist.
Also basiert der Film auf einer tatsächlichen Geschichte?
Ja, die Erlebnisse dieser Person brachten mich auf die Idee, den Stoff umzusetzen, ihn zu verfilmen. Besagter junger Mann war gerne auch bereit, uns bei der Entstehung zu unterstützen und Pietro für seine Rolle einzuweisen.
Im Film fallen zahlreiche Sequenzen in schwarz-weiß auf. Welche Absichten hast du mit dieser ästhetischen Gestaltung verfolgt?
Das Innenleben oder die inneren Monologe Santiagos werden über schwarz- weiße Sequenzen verdeutlicht: Immer wenn vor Santiagos innerem Auge Bilder ablaufen, habe ich sozusagen das Innere nach Außen gekehrt. Um diesen Vorgang zu visualisieren, habe ich diese Szenen des Films nicht farbig gestaltet.
Santiago entschließt sich, trotz aller Widrigkeiten, als Taxifahrer Geld zu verdienen, um seinen Unterhalt zu sichern…
Der ehemalige Kamerad Rata, der das Militär im Rollstuhl verlassen hat, tötet sich und er „erbt“ dessen Wagen. Mit diesem Gefährt beginnt er dann zu fahren und er schreibt sich in die technische Schule ein, weil er nicht als Bodyguard oder Hilfs-Sheriff enden will. So chauffiert er die netten, jedoch ausschließlich das Vergnügen suchenden Mitschülerinnen nach der Schule in die Disko.
Wie hoch war dein Budget von Días de Santiago?
Ich hatte 300.000 Dollar zur Verfügung, um den Film zu drehen. Und natürlich die Unterstützung vom Hubert-Bals-Fund, die mein erstes Langfilmprojekt absicherte.
Hast du denn schon neue Projekte?
Ja, schon: ich möchte gerne über die alle die Jugendlichen, die in Lima nach der Schule in den Diskos herumhängen und Drogen etc. konsumieren einen Film drehen. Das ist ein ernsthaftes gesellschaftliches Problem. Aber wir werden sehen...
Text: Ute Mader
Bild: El Norte de Castilla
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