¡Hola a todas y todos!

En el proceso de mejora de nuestro sitio web, tomamos una decisión importante para que kinolatino.de se volviera más estructurado, más rápido y menos complicado: a partir de ahora las noticias sobre el cine latinoamericano se escribirán exclusivamente en alemán.

Obviamente, eso no quiere decir que la comunicación en español se termine ahí. Seguimos con la mirada internacional. Por favor: escriban, pregunten, y ponganse en contacto con nosotros, también en castellano, o, ya que estamos, en portugués e inglés.

Saludos cordiales de la redacción.

 

 

Kinolatino.de tiene ahora también cuenta de Facebook ("kinolatino.de") y de Twitter ("@kinolatinoDe")

 


HISTORIAS EXTRAORDINARIAS

Der argentinische Film ist weitgehend ein städtische Ausdrucksmittel. Die meisten Filme spielen sich im urbanen Labyrinth der Metropole am Río de la Plata ab. In den anderen Filmen wird die karge und mystisch anmutende Landschafte Patagoniens in Roadmovies durchmessen. Mariano Llinás beweist in seinen HISTORIAS EXTRAORDINARIAS, dass auch die Pampa in der Provinz Buenos Aires ein Ort für spannende, labyrinthische und abenteuerreiche Geschichten ist. Auch, dass mit zwar kleinem Budget aber einer ausufernden Liebe zur Erzählung großes Kino geschaffen werden kann.

 

 

Welcher Erzählform hatten wir in den letzten - grob gesagt - 15 Jahren herausragende und erinnerungswürdige Filme zu verdanken? Auf Anhieb fällt dabei diejenige ein, die Quentin Tarantino in seinem - und hier ist der überstrapazierte Begriff endlich einmal angemessen -  Kultfilm PULP FICTION (1994) verwendet. Seine verschachtelte Erzählweise ist zwar nicht neu, seine Dekonstruktion des klassischen Gangsterfilms ist allerdings von seltener stilistisch und formalen Brillanz und das Erzählte selbst hat einen unübertroffenen Coolness-Faktor. Nach PULP FICTION werden zahllose Produktionen unterschiedlichster Qualität voreilig oder zurecht von der Kritik als tarantinoesk beschrieben. Im lateinamerikanischen Kino kommt die Methode der Aufteilung der Struktur des Films unter Verwendung einer verdrehten Chronologie Anfang des neuen Milleniums an. In Alejandro González Iñárritus AMORES PERROS (Mexiko 2000) wird eine Verfolgungsjagd, die in einem Unfall endet zum dramatischen Knoten von drei Liebes- und Lebensgeschichten, die unmittelbar aufeinanderprallen. Die Darstellung der Kollision von Lebenswelten und die kausalen Verzweigungen, die sich daraus ergeben, wird gleichzeitig zum Markenzeichen des bisherigen Oeuvres des Regisseurs und mehr noch des Autors Guillermo Arriaga mit dem Iñárritu in gleich drei Filmen zusammenarbeitete (AMORES PERROS , 21 GRAMM, BABEL). Auch bei AMORES PERROS ist die Erzählweise, die Orte, Figuren und Zeiten durcheinanderwirbelt noch originell, sie erschöpft sich aber spätestens in BABEL (2006). Das Modell Tarantino oder Modell Iñárritu oder wie man immer es nennen mag findet aber immer noch Nachahmer, auch Guillermo Arriaga exerziert es in seinen Solo-Auftritten (zuletzt THE BURNING PLAIN, 2008) noch weiter durch, dennoch: es wird Zeit für etwas neues. 

Und dieses neue kommt aus Argentinien. Der junge Regisseur Mariano Llinás stellt das Konzept, dass drei Geschichten, die einen gemeinsamen Schnittpunkt haben und auf einen gemeinsamen Endpunkt hinlaufen auf den Kopf. Seine HISTORIAS EXTRAORDINARIAS, drei Geschichten von den Männern H (Agustín Mendilaharzu), X (Mariano Llinás) und Z (Walter Jakob) mäandern, sie wuchern von ihrem Ausgangspunkt in der vierstündigen Erzählzeit und werden, um mit Jorge Luis Borges zu sprechen, zu einem „Garten der Pfade, die sich verzweigen.“ 

HISTORIAS EXTRAORDINARIAS beginnt mit einer Plansequenz, eine Erzählerstimme aus dem "off" erklärt uns, was in den nächsten vier Stunden auf den Zuschauer zukommen wird, was passiert und was nicht passieren wird, dann stellt er uns den ersten Protagonisten vor, der nur X genannt wird. X wird Zeuge eines Mordversuches und plötzlich wird auch er zum Mörder. 

Geschichte 2 handelt von Z, der als Chef in einer Firma zu arbeiten beginnt. Er fragt sich, wie sein Vorgänger - scheinbar ein Mann ohne Eigenschaften - so viele Jahre diesen drögen Job aushalten konnte. Als er dessen wenige Habseligkeiten untersucht, kommt er einem Geheimnis auf die Spur, dessen Lösung für ihn zu einer Obsession wird...

H ist ein Ingenieur, der sich in einem unbesonnenen Moment zu einer Wette mit einem rechthaberischen und arroganten Kollegen hinreissen lässt.

Schon ist der Zuschauer in die Geschichten eingetaucht und ins Labyrinth eingetreten. Ahí va... 

Aber anders als bei den Erzählungen des Meisters der lakonisch-eleganten Erzählkunst findet sich derjenige, der sich in Llinás Labyrinth begibt, nicht plötzlich wieder unvermittelt am Ausgangspunkt dieses wieder. Bei Llinás verliert er sich darin. Dies ist aber keinesfalls  negativ gemeint. In keiner der 245 Minuten langweilt man sich, sonder verfolgt aufmerksam und verbissen den Verlauf der Geschichte. Man will unbedingt wissen, wie es weitergeht. 

HISTORIAS EXTRAORDINARIAS war jüngst auf der bezaubernde Reise „IN 14 FILMEN UM DIE WELT “ zu sehen. Der Titel der Filmreihe der jährlich im Berliner „Babylon“ Kino stattfindenden Reihe ist auch stimmig. Die HISTORIAS EXTRAORDINARIAS sind wie eine wie im Flug vergehende Reise in eine unbekannte Gegend auf welcher der Reisende viele einzelne interessante Impressionen gewinnt, die kein Einzelbild, sondern eher aneinander gereihte schöne Erinnerungen ergeben. Allerdings ist diese Reise recht exklusiv: Nicht nur aufgrund der Dauer des Films wird Llinás Film wohl kaum einen Verleih finden und in die Kinos kommen. Auch macht es nur Sinn den Film in der Originalsprache zu sehen. Die Zuschauern werden durch die Erzählerstimme in den Bann der drei Geschichten gezogen, eine kontemplative Stimmung wird erzeugt, das Mitlesen von Zwischentiteln durch den Zuschauer würde diese zwangsläufig stören. Eine Synchronisation dagegen würde die "argentinidad" der Erählung vollkommen zerstören. Also ist Llinás Film ein Film für spanischsprechende Cineasten, die sich auf ein vierstündiges Kinoexperiment einlassen. Diese vermutlich verschwindend geringe Zahl von Kinozuschauern erlebt dagegen diese neue Art von Kinoerzählung. Wobei: so neu ist die Aufwertung der Erzählung, die gleichberechtigt mit dem Gehalt der Bilder über diese gelegt wird nicht, schon in BALNEARIOS und LA MAS BELLA NIÑA bewies Mariano Llinás schon sein Talent und seinen Mut – schließlich konnten und mussten seine Filme ohne die Förderung des nationalen Filminstitutes Argentiniens, INCAA, realisiert werden.

 

Sven Pötting 

 


[Zurück]

  gefördert von:
klfslogo_sw_mit_schrift