Carlos Sorin ist der stille Star des argentinischen Kino. Sicher: seine Filme - etwa BOMBÓN- EL PERRO oder HISTORIAS MÍNIMAS gehören zu den bekanntesten und interessantesten Produktionen aus Lateinamerika, die hier zu Lande auch tatsächlich im Kino oder Fernsehen zu sehen sind, im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung stehen aber andere Personen. Carlos Sorin ist der wichtigste Vertreter einer Zwischengeneration. Er gehört schon nicht mehr zu der Gruppe um Fernando "Pino" Solanas oder Fernando Birri, den Aushängeschildern eines hoch politisierten Kinos, das in den späten 60er Jahren seinen Siegeszug auf Filmfestivals weltweit startete und ist deutlich älter als die Filmemacher wie Lisandro Alonso, Adrián Caetano, Daniel Burman oder Lucrecia Martel, die derzeit unter dem Sammelbegriff "Neues Argentinisches Kino" die Filmfestivals aufmischen.
Sorin (Jahrgang 1944) drehte er erst im Alter von 42 Jahren seinen ersten Spielfilm. Sein zweites Werk - LA PELICULA DEL REY - wurde gleich mit zahlreichen Filmpreisen überhäuft und gewann unter anderem den "Silbernen Löwen" von Venedig. 1989 folgte EVERSMILE, NEW JERSEY mit dem damaligen Shooting Star des britischen Kinos, dem OSCAR-Gewinner Daniel Day-Lewis (GANGS OF NEW YORK, THE BOXER, THERE WILL BE BLOOD), in der Hauptrolle. Nach diesem vielversprechenden Beginn wurde es mehr als ein Jahrzehnt still um Sorin. In der Zeit als das argentinische Kino sowohl von der Produktivität her als auch von der Qualität der Filme seinen Tiefpunkt erreichte, verdiente er seinen Lebensunterhalt mit Werbefilmen. Er dachte zunächst nicht daran, wieder dauerhaft als Spielfilmregisseur zu arbeiten, aber der Erfolg von HISTORIAS MÍNIMAS (2002) durchkreuzte seine Pläne. Er fand wieder Freude am Drehen und schon zwei Jahre nach HISTORIAS MÍNIMAS erzählte er die anrührende Geschichte vom Hund BOMBÓN und seinem Herrchen Juan, die wie das Vorgängerwerk die Herzen des Publikums eroberte. EL CAMINO DE SAN DIEGO, sein bislang letzter Film - sein neues Werk LA VENTANA kommt erst im März 2009 in die Kinos, ist im tropischen Dreiländereck zwischen Brasilien, Paraguay und Argentinien angesiedelt. Der arbeitslose Waldarbeiter Tatí list ein fanatischer Maradona-Fan. Er hat sich sogar die Trikotnummer seines Idols auf den Rücken tätowieren lassen. Als Tatí erfährt, dass der ehemalige Fußballgott mit Herzproblemen in eine Klinik in Buenos Aires eingeliefert wurde (dies war 2004 tatsächlich der Fall), beschließt er, seinem Helden eine Statue zur Genesung zubringen. Die „Statue“ ist Teil einer Baumwurzel, die Tatí im Wald gefunden hat und eine gewisse Ähnlichkeit mit dem jubelnden Diego Armando Maradona erkennen lässt. Ohne Plan und Geld macht sich der Protagonist auf den 1.000 Kilometer langen Pilgerweg vom Dschungel in die Hauptstadt.
Eine Rezension der kürzlich erschienen DVD EL CAMINO DE SAN DIEGO folgt in Kürze.
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