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Cesare deve morire

Die Taviani-Brüder wirkten auf der "Berlinale" wie eine sehr viel ältere Version der Coen-Brüder. Bei der Premiere von CESARE DEVE MORIRE gab es höflichen Applaus. Die halbdokumentarische Shakespeare-Adaption überzeugte durch seine mit viel Herzblut und großem Einsatz agierenden Schauspieler, allesamt Insassen eines Hochsicherheitsgefängnisses in Italien, sie wurde aber zu Recht von der Filmkritik als - nicht mehr, nicht weniger - solide bezeichnet. Die Idee, auf diese Art und Weise, Shakespeare zu inszenieren ist auch nicht neu. Deswegen war es mehr als überraschend, dass CESARE DEVE MORIRE mit dem "Goldenen Bären" ausgezeichnet wurde.

"Der Schauspieler: 'Was halten Sie von der Antonius-Rede? Am Sarg Caesars. Gegen Brutus. Führer der Meuchelmörder. Ein Muster der Volksrede (...) Genau, was Sie brauchen, Herr Ui. (...): Mitbürger, Freunde, Römer, euer Ohr! Caesar ist tot. Und Caesar zu begraben Nicht ihn zu preisen, kam ich her. Mitbürger! Das Böse, das der Mensch tut, überlebt ihn! Das Gute wird mit ihm zumeist verscharrt. Sei's so mit Caesar! Der wohledle Brutus Hat euch versichert: Caesar war tyrannisch. Wenn er das war, so war's ein schwerer Fehler Und schwer hat Caesar ihn nunmehr bezahlt.'

Ui spricht ihm nach, mitunter ausgebessert von dem Schauspieler (...)

 

Dies ist ein Auszug aus dem Parabelstück  DER AUFHALTSAME AUFSTIEG DES ARTURO UI, verfasst 1941, das den Aufstieg Hitlers satirisch verfremdet darstellt, um die "politischen Verbrecher (...) der Lächerlichkeit" preiszugeben und "den üblichen Respekt vor den großen Tötern zu zerstören" (Brecht). Zu dieser Historienfarce wurde Brecht in den ersten Jahren seines Exils, während einer USA-Reise 1935/36, durch Berichte über dortige Bandenkriege und durch zahlreiche Gangsterfilme inspiriert. Brecht verknüpft Hitlers Aufstieg mit dem Aufstieg des Chcagoer Gangsters Al  Capone. 

In der Parallelität beider Lebensläufe wird für Brecht nicht nur die kriminelle Dimension des Faschismus darstellbar, sondern auch seine Verflechtung mit der Ökonomie des Kapitalismus, da für Brecht er Faschismus zu diesem Zeitpunkt die Konsequenz kapitalistischen Wirtschaftens darstellte.

Die Biografie Hitlers wird noch auf mehreren Ebenen verfremdet.  Es finden sich Parallelen zu Goethes FAUST, zu Shakespeares RICHARD III. und natürlich zu Shakespeares JULIUS CAESAR.  In dem hier zitierten Ausschnitt wird das Gerücht aufgegriffen und künstlerisch bearbeitet, Hitler habe von einem Schauspieler Nachhilfe in Deklamation und Auftreten bekommen.

Das Stück endet mit dem Fall Hitlers  und mit dem berühmten Epilog "Die Völker wurden seiner Herr, jedoch/dass keiner uns zu früh da triumphiert - /der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch."

 

Arturo Ui als ein deutscher Al Capone: natürlich wurde Brecht für die Verharmlosung Hitlers kritisiert . 

Durch die grandiose Inszenierung des Stückes im Jahr 1995 von Heiner Müller hat Arturo Ui dennoch Einzug in die Kanones  erhalten. Durch die Präsenz Martin Wuttkes und Bernhard Minettis. in Müllers Adaption im Berliner Ensemble hallen auch Woody Allens BULLETS OVER BROADWAY nach.

Auch Jorge Luis Borges zitierte im gleichen Jahr wie Brecht auf komplexere Art und Weise Shakespeares JULIUS CAESAR in seinem THEMA VOM HELDEN UND VERRÄTER, Bernardo Bertolucci verlegt das Drama des Mannes, der zugleich Held wie auch Verräter der von ihm selbst initiierten Revolution ist, in die Zeit des italienischen Faschismus und in einer weiteren Ebene auf die 60er Jahre, die in Italien noch mit den alten politischen Gegensätzen und Streitigkeiten behaftet sind, eine Zeit, in der die Vergangenheit nicht vergeht.

 

Es ist also nichts neues, wenn die Häftlinge - Drogendealer, Mafiamitglieder etc -  auf der Bühne des Gefängnisses, das sie vermutlich nicht mehr verlassen werden, den JULIUS CAESAR geben und den Inhalt des Stückes auf ihr Leben beziehen. Und natürlich auch auf die politische Situation in Italien. Der Film verwendet vor allem den Originaltext Shakespeares. Es handelt sich vor allem um Sprachtheater. Die Ausstattung der Bühne ist schlicht, zumeist werden die Proben gezeigt, die Dialoge vermitteln die Gedanken die Figuren und fast alles, was es zu sehen gibt und was geschieht. 

Intention der Regisseure Paolo & Vittorio Taviani war es, die Schwerverbrecher als Menschen zu zeigen. Dies ist ein Anliegen, das auch gelingt. Allerdings wirkt der Film durch den Einsatz einer dramatisierenden Musik, durch die Verfremdung durch Schwarz-Weiß- Bilder  zu gekünstelt, Sätze, die den Schauspielern in den Szenen, in denen Fiktion und "Realität" ineinander übergehen, in den Mund gelegt werden, wirken fast wie Parodien: "Erst seit ich weiß, was Kunst ist, ist meine Zelle ein Gefängnis"

 

Schwerverbrecher als Menschen darzustellen, das gelingt Werner Herzog auf der Berlinale in seiner vierteiligen Dokumentation DEATH ROW über Todeskandidaten in Texas und in Florida wesentlich besser. Er rekonstruiert ihre Verbrechen, zeigt die Todeskandidaten mit ihren Ängsten, Träumen, Hoffnungen, ist aber nicht solidarisch mit ihnen. "Nur weil ich sie interviewe heisst dass nicht, dass sie mir sympathisch sind," sagt Herzog im ersten Film zum Gesprächspartner. Er verbindet die Aussagen der Häftlinge, die teilweise nicht einer gewissen Komik entbehren, mit Aussagen von Anwälten, Journalisten, Staatsanwälten. Die Frage nach Schuld oder Unschuld der "Protagonisten" steht nicht so sehr im Vordergrund. Er nimmt Einblick in die Situation der Häftlinge, ist aber dennoch nicht voyeuristisch.

Herzog erklärt sich dezent und mit allem Respekt gegenüber seinen Gastgebern - Herzog wohnt seit Jahren in Los Angeles - gegen die Todesstrafe. Wie immer im dokumentarischen Werk von Herzog (soweit man es so bezeichnen kann), haben auch diese vier 50minütigen Filme ihre subversiven Momente, in denen der Regisseur die Interviewpartner aus dem Konzept bringt und eventuell auch zum nachdenken bringt. Er zeigt die Todeskandidaten als "human beings" und dies  - wie man es bei Herzog gewohnt ist - mit einer großen erzählerischen Kraft. Als Gesamtwerk ist der vierteilige Film ein großartiges Plädoyer.


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