¡Hola a todas y todos!

En el proceso de mejora de nuestro sitio web, tomamos una decisión importante para que kinolatino.de se volviera más estructurado, más rápido y menos complicado: a partir de ahora las noticias sobre el cine latinoamericano se escribirán exclusivamente en alemán.

Obviamente, eso no quiere decir que la comunicación en español se termine ahí. Seguimos con la mirada internacional. Por favor: escriban, pregunten, y ponganse en contacto con nosotros, también en castellano, o, ya que estamos, en portugués e inglés.

Saludos cordiales de la redacción.

 

 

Kinolatino.de tiene ahora también cuenta de Facebook ("kinolatino.de") y de Twitter ("@kinolatinoDe")

 


Blindes Cannes

Als die Ampel endlich grün wird, fährt der Wagen auf der mittleren Spur nicht an. Ein Tumult entsteht, der Fahrer schreit, er sei jäh erblindet, er sehe alles weiß. Man bringt ihn nach Hause, seine Frau geht mit ihm zum Arzt, eine genaue Ursache kann dieser aber auch nicht feststellen.Doch bald darauf erblindet auch der Arzt und mit ihm alle, die mit diesem Mann zusammengekommen sind. Eine Epidemie ist ausgebrochen. Sie wird schlicht und einfach das "weiße Übel" genannt. Damit sie sich nicht noch mehr ausbreitet, lässt die Regierung die Blinden in einer leerstehenden Psychiatrie unter Quarantäne stellen. Das Chaos bricht vollends aus, die Situation eskaliert hin bis zur Grausamkeit, nur die Stärksten überleben. Dies ist die Fabel von José Saramagos DIE STADT DER BLINDEN (1995). Fernando Meirelles hat sich der allegorisch-metaphorischen Erzählung des portugiesischen Literaturnobelpreisträgers angenommen und sie mit internationalen Stars (Julianne Moore, Danny Glover) verfilmt. BLINDNESS wurde die Ehre zuteil, die 61. Internationalen Filmfestspiele von Cannes zu eröffnen.

Saramago (*1922)  ist der große alte Mann der portugiesischen Literatur und gilt als deren Erneuerer. Sein Erzählstil ist sehr eigentümlich und deswegen unverwechselbar. Seine Sprache ist bilderreich, mitunter barock-pompös. In der STADT DER BLINDEN, wie auch in anderen Werken bricht er immer wieder die Erzählsituation, spricht die Leser an, stellt sich neben sie, spekuliert mit ihnen über seine Figuren, erklärt, macht aufmerksam, spricht dabei immer auch wie zu sich selbst und überlegt scheinbar mit allen zusammen, was als nächstes passieren wird, als wüsste er es selbst nicht. Wie ein Schaulustiger berichtet der Erzähler von der wuchernden Katastrophe, dem "weißen Übel", und was dann, in einer solchen Extremsituation noch von der Zivilisation und von der "Menschlichkeit" übrig bleibt. Nun, es ist nicht viel, so befürchtet Saramago. Trotzdem hat er die Hoffnung nicht ganz verloren und lässt die Tür für ein Happy- End offen. 

Was machte der Brasilianer Fernando Meirelles also aus diesem Drama. Der SPIEGEL bezeichnet den Film, der am Mittwoch die Filmfestspiele eröffnete als einen Entwurf eines "höllenhaften Anti-Cannes". Den Reichen und Schönen - und denen die darüber hinaus noch ein Ticket für die Premiere ergattern konnten - seien Bilder von apokalyptischer Vision vorgesetzt worden: Dreck, Kot überall, der absolute Gegensatz zu der glamourös-geputzten Croisette - ganz zu schweigen von der dargestellten moralischen Verlotterung. Dazu eine im wahrsten Sinne des Wortes blendende Ästhetik. Der Zuschauer müsse beständig angesichts der oft gleißenden Einstellungen und oft bewusst verschwommenen Aufnahmen seine Augen zukneifen, beziehungsweise sich diese reiben. 

Es handelt sich bei der "STADT DER BLINDEN" um einen fesselnden Roman, selbst wenn Saramagos belehrender Tonfall nicht jedermanns Sache ist. Allerdings möchte Meirelles auch in seiner Verfilmung - trotz der Kraft der Bilder - nicht auf die Rolle des Kommentators verzichten. So erklärt den Zuschauern ein Off-Kommentar, was die Figuren gerade denken und fühlen. Sind Regisseur oder die Schauspieler schlecht, ist der Hilfsgriff mit einem solchen Kommentator vielleicht angebracht - und kann den Film zumeist doch nicht mehr retten. Sind Regisseur und die Schauspieler gut, stört solch ein Off-Kommentar nur (gut: meistens, es gibt Ausnahmen dieser Regel, wie zum Beispiel THE BIG LEBOWSKI - übrigens ebenfalls mit Julianne Moore). Fernando Meirelles, Julianne Moore und der Rest der Besetzung sind definitiv Könner ihres Faches, oft genug gezeigt haben sie es ja. Und vertraut man Lars-Olav Beier vom SPIEGEL in diesem Fall blind, nervt der geschwätzige Kommentar bei BLINDNESS. Schade, wenn es wirklich so ist...

Offizieller Kinostart von BLINDNESS ist der 23. Oktober. 


Text: sp + DER SPIEGEL  


[Zurück]

  gefördert von:
klfslogo_sw_mit_schrift