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ATOS DOS HOMENS – ein filmischer Versuch über Massaker in Brasilien

Der in der vergangenen Woche angelaufene Film ATOS DOS HOMENS des Brasilianers Kiko Goifman wurde beim Internationalen Forum des Film der Berlinale in derEndfassung präsentiert. Matices konnte den Regisseur nach denHintergründen des Massakers in Baixada Fluminense befragen. DasAusgangsmaterial war auf DV – Cam gedreht worden.

In der Videosektion wurde das neueProjekt ATOS DOS HOMENS der brasilianischen Regisseure undAnthropologen Kiko Goifman und Jurandir Muller als Work in Progressgezeigt. Der Film ist noch nicht fertig und stellte in der SektionCinéastes du Présent in Locarno eine Ausnahme dar. InBaixada do Fluminense, ein Verkehrsknotenpunkt zwischen Rio deJaneiro und Sao Paulo wurde am 31. März diesen Jahres einMassaker verübt. Kiko Goifman hatte ursprünglich vor, einanderes Projekt anzugehen, aber diesem Massaker auf die Spur zu gehenund mit den Menschen zu sprechen, war eine aktuelle Herausforderung.Er hatte in Locarno vor einigen Jahren die Dokumentation 33präsentiert, wo er seiner eigenen Herkunft nachgeht. Es ist beigroßen Festivals eigentlich eine Ausnahme, nicht fertiggestellte Filme zu präsentieren, sondern eher einCharakteristikum kleiner Festivals. Die Präsentation des Work inProgress hat zum Ziel, die Reaktion der Zuschauer mit in dieGestaltung mit einzubeziehen und den Film dann fertig zu stellen. Ineinigen Monaten soll es so weit sein. Beim Schnitt hat Kiko austechnischer Sicht mit Zwischenüberschriften und Schwarz – Weiß– Sequenzen gearbeitet. In diesen Passagen wird lediglichgesprochen ohne dass man Personen oder Bilder wahrnehmen könnte.Jede Sequenz wird mit einer eigenen Zwischenüberschrifteingeführt, die im Tagebuchstil Zäsuren setzt.

 

Wie kamst du auf die Idee, dasProjekt ATOS DOS HOMENS filmisch zu bearbeiten?

Ich bekam im vergangenen Jahr einenPreis vom Kultursekretariat des Staates von São Paulo, umeinen Film zu drehen, in dem es um sieben Personen geht, die Massakerin Brasilien an unterschiedlichen Orten überlebt hatten. Nachdem Beginn der Arbeiten an diesem Projekt wurde das Massaker inBaixada Fluminense verübt. Schnell bat ich die Finanzgeber, obes möglich sei, die Ereignisse von Baixada zu dokumentieren, dadiese für mich in diesem Moment Priorität hätten. Andiesem 31. März sind Polizisten durch die Strassen von NovaIguassu und Queimados gezogen und brachten 29 Personen anunterschiedlichen Stellen des Ortes um. Sie waren offensichtlichbetrunken und der neue Polizeichef verkündete, dass er dieUmtriebe der Mördergruppen stoppen würde.

 

Waswar deine Motivation mit den Schwarz – Weiß Bildern zuarbeiten?

Es geht einerseits darum, die Menschenzu schützen, denn wenn sie über das Massaker Aussagentreffen, kann es sein, dass sie ebenfalls in Gefahr sind. Erst beider Montage kam ich auf diese Idee und setzte sie als Stilmittel ein.Die Justiz in Brasilien arbeitet langsam und viele der begangenenVerbrechen bleiben ungeahndet. Unsere Arbeit ist zudem nicht ganzungefährlich, ich muss schon auf das Team und mich achten, wennwir solche Vorkommnisse dokumentieren, denn es gibt genügendMenschen, die kein Interesse daran haben, dass die Morde weiterhin“untersucht” und festgehalten werden. Aus anthropologischer Sichtgeht es mir darum, die Motivation zu untersuchen, warum Mörderjemanden umbringen. Das hat Konsequenzen für ihr Leben. Dieeinen versuchen, diese Tat zu vergessen, für die anderen geht esdarum, die eigene Ehre zu bewahren.

 

Wie geht es jetzt mit dem Projektweiter?

Ich versuche, den Film fertig zustellen und nehme die Anregungen, die an mich herangetragen werden indas Projekt auf oder eben auch nicht. Ich versuche dann eine 35-mmKopie finanziert zu bekommen, um ein kinotaugliches Format zu haben.Zudem habe ich vor, als nächstes Projekt, einen Spielfilm zudrehen, dessen Titel Filmphobie sein wird.

 

Was ist der unterschiedlicheAnsatz zu deinem ersten Film 33, der im Jahre 2003 in Locarno gezeigtwurde?

33 ist in schwarz – weißgedreht, das Konzept, was hinter diesem Film steht, ist das des “filmnoir”, denn es ist eine Detektivgeschichte, in der sehr viel Ironiesteckt. Es werden die Schatten kodiert, damit wird ein völliganderes Konzept des Kinos verfolgt, weil in 33 geht es um die Suchenach meiner Mutter. In Atos dos Homens geht es um die Hässlichkeitvon Bildern, ich wollte einfach nur die Kamera draufhalten und keineschönen Bilder erzeugen. Diese schönen Bilder, die man inder Regel aus Brasilien erwartet. Der Plot, der gezeigt wird, hatauch persönliche Bezugspunkte, da ich Anthropologe bin. Mir gehtes darum, die Motivation für Gewalt deutlich zu machen. Gewaltist für mich eine Tür, um die Gesellschaft zu beobachten.Sie stellt sich mir als Konzept dar, die gesellschaftlicheEntwicklung in Brasilien zu beobachten. Ein Konzept, diegesellschaftliche Entwicklung in Brasilien nach zu verfolgen, dennsie ist existiert und wenn man die Zusammenhänge betrachtet,dann kommt man zu dem Schluss, dass es Gewalt gibt, aufgrund vonArmut, Ungleichheit in der Gesellschaft. Der Gegensatz von reich undarm entsteht, da existierende Güter ungleich verteilt sind. Mirgefällt die Idee nicht, dass nur arme Menschen besondersgewalttätig sind. Baixada Fluminense ist ein Verkehrsknotenpunktund gerade dort findet eine auffällige Konzentration von Gewaltstatt. Sie ist dort überaus präsent, denn dievorherrschende Logik ist folgende: Wenn eine Person schlecht ist,muss sie sterben – so einfach ist diese Regel.

 

WelchesKonzept steht hinter ATOS DOS HOMENS in filmhistorischer Hinsicht?

Ich richte den ethnographischen Blickauf die Personen, die Massaker begehen. Ich habe mich von einem Filmvon Peter Greenaway mit dem Titel Acts of God inspirierenlassen, den er vor ca. 20 Jahren gedreht hat. Normalerweise sindseine Filme eher etwas barock, aber hier geht es um Menschen, dieBlitzeinschläge überlebt haben. Und mir geht es darum,einen Film über die Menschen zu machen, die Massaker überlebthaben. Ich hatte ursprünglich Geld für ein anderesFilmprojekt, aber die Wirklichkeit holte uns ein, denn sie war in derTat gewaltiger als unser Zeitplan. Baixada Fluminense ist ein Ort,der in Brasilien etwas abseits von jeglicher öffentlicherWahrnehmung liegt. Ich bin spontan nach dem Massaker dorthingefahren, ohne zu wissen, was ich tun würde. Ich kannte dortniemanden, und begann die Menschen zu interviewen. Es ist nicht meineArt im Stile des cinéma vérité von FrederickWiseman bei meinen Arbeiten vorzugehen. Es war dann eine Frau beimir, die an dem Ort lebt. Man sieht sie manchmal und sie zeigte miralle in Frage kommenden Personen. Ihr Vater ist „der Wolf“.

 

Wie bist du beim Schnittvorgegangen, um die Interviews und Statements hintereinander zubringen?

Ich sehe es als meine Aufgabe an, diePersonen zu schützen, die den Mut hatten, zu sprechen. Es istklar, dass wir bei der Montage Dinge arrangieren und dass sind dieSequenzen, wo man die weiße Leinwand sieht. Ich arbeitete vorOrt lediglich mit einer kleinen Crew mit vier oder fünfPersonen, um weniger aufzufallen. Technische Details, ob das Bildscharf oder unscharf ist, kümmern mich in einer konkretenSituation eher weniger, wenn eine Aufnahme schnell erfolgen muss. Esbesteht natürlich ein gewisser Druck auf die Menschen, die nichtüber die Ereignisse sprechen wollen oder können.Infolgedessen gibt es gute und schlechte Bilder, wie das mit demProjektil in der Mauer – sicherlich eins der schlechtesten Bilderder ganzen Berlinale. Beispielsweise gab es eine Hure, die sehrinteressante Dinge erzählte, die ich aus dem Bild nahm, es gibtja auch den Transvestiten, der noch im Bild ist. Bei den vielenPersonen ist es schwer, eine Auswahl zu treffen und meine Person istdas Massaker, etwas Leeres, ein Loch, die weiße Leinwand, wonur der Ton übrig bleibt.

 

Wiewerden denn Vorführungen des Films in Brasilien organisiertwerden?

In Rio werde ich sicherlich Problemebekommen und ich persönlich werde dann wohl bei den Vorführungennicht anwesend sein. Wir werden wohl eher private Präsentationenorganisieren müssen, denn ich bin sicherlich gefährdet.Niemand redet über das Massaker und mir liegt am Herzen, dassdas Thema auf den Tisch kommt und diskutiert wird. Die „offeneForm“ der Arbeit ist dabei für mich wichtig.

 

Hatdie europäische finanzielle Unterstützung einen Einflussauf deine Bilder, beeinflusst sie deinen Blick und deineArbeitsweise?

Ich glaube, momentan tut die finanzielleUnterstützung noch nichts zur Sache, möglicherweise erstspäter bei anderen Projekten. Das Problem in Brasilien ist dieVerteilung der Gelder, das ist in der Tat ein harter Kampf, da fünfvon 400 eine Förderung bekommen.

 

Kann man seitdem Lula da SilvaPräsident ist, eine Veränderung in Bezug auf die AuswahlThemen bei den Filmen festzustellen?

Ich glaube, dass es etwas mehr Freiheitgibt. Es wurde viel verändert, auch im kulturellenBereich. Der Rechtsstaat verändert sich einerseits. Aber es istandererseits auch ein kultureller Standpunkt, dass manche glauben,dass Mord immer eine Lösung mit sich bringe. Es kommt hierbeiimmer auf den persönlichen Standpunkt an. Meine Position ist,dass ich mich in Atos dos Homens wie in 33 auf dieSuche nach Dingen begebe, die in der Gesellschaft in der Regeltabuisiert werden.

 

Berlin 2006:

ATOS DOS HOMENS wurde beim Internationalen Forum des Film der Berlinale in derEndfassung präsentiert. Matices konnte Kiko Goifman nach denHintergründen des Massakers in Baixada Fluminense befragen. DasAusgangsmaterial war auf DV – Cam gedreht worden.

 

 

Interview: Sonja Hofmann und Ute Mader






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