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Abgründe der Leidenschaft - Menschliche Abgründe

Luis Buñuel gehört zu den großen Regisseuren der Filmgeschichte. Aber im Kanon der Klassiker nimmt er eine Sonderstellung ein. Die Kritiker konzentrieren sich auf seine frühen surrealistisch - ikonoklastischen Geniestreiche EIN ANDALUSISCHER HUND (1928)  und DAS GOLDENE ZEITALTER (1930), sowie auf sein weitgehend in Frankreich entstandenes Spätwerk (1966-1977). Doch der gebürtige Spanier Buñuel verbrachte einen großen Teil seines Lebens in Mexiko und drehte dort immerhin 21 der 32 Filme, die sein Gesamtwerk umfassen. Diese mexikanische Phase (1946 - 1965) wurde von den Kritikern - zu Unrecht -  bisher weitgehend ignoriert. Nicht einmal die Filme waren ohne weiteres in Deutschland zugängig. Jetzt nähert sich der 25. Todestag Luis Buñuels und langsam wird versucht, dieses  Versäumnis gutzumachen. Ein Anfang: kürzlich ist die DVD-Box "Luis Buñuel: Mexico" erschienen, die 5 Filme aus den Jahren 1950 bis 1955 beinhaltet. Kinolatino.de stellt in unregelmäßigen Abständen immer mal wieder Filme aus dieser Box vor. Heute: ABISMOS DE PASIÓN - ABGRÜNDE DER LEIDENSCHAFT.

Bei ABISMOS DE PASIÓN handelt es sich um eine Verfilmung von Emily Brontés "Wuthering Heights", DEM Klassiker der britischen Literatur des 19. Jahrhunderts. Dante Gabriel Rossetti schrieb einst über den Roman: "Die Handlung findet in der Hölle statt, aber die Schauplätze haben, ich weiss nicht warum, englische Namen", Davon handelt "Sturmhöhen" - so der deutsche Titel: von der Hölle auf Erden. Nach dem Tod seines Adoptivvaters verläßt ein junger Mann die Familie, die ihn, der  ein Findelkind war, aufgezogen hat: seine Stiefschwester empfindet zwar tiefe Zuneigung zu ihm, sie sieht in ihm einen Seelenverwandten und verliebt sich in ihn, sein Stiefbruder erniedrigt ihn aber ständig. Zu groß ist das Gefühl der Demütigung, als dass er bleiben könnte. Nachdem er in der Fremde sein Glück gemacht hat, kehrt er zurück - und das viktorianische Drama nimmt seinen Lauf. So erzählt Bronté die Geschichte. Buñuel konzentriert sich auf das Wesentliche des "plots" , setzt erst bei der Rückkehr des Protagonisten ein und versetzt die Hölle nach Mexiko. Seine Version der Geschichte von unglücklichen Liebenden im nordenglischen Schauermärchenland ist ein Tableau menschlicher Abgründe. Große Emotionen, Liebe, Hass, Rache, unterschwellige und offene Gewalt prallen von Beginn an wild, leidenschaftlich und kompromisslos aufeinander, ein tragisches Ende ist unvermeidbar. Christian Carrgnelli definierte das Genre "Melodrama" kurz und prägnant als ausgerichtet auf "gesteigerten Emotionalismus, Sentimentalität, Tränen", gekennzeichnet durch "moralische Polarisierung (...) und Pathos". Demnach ist ABISMOS DE PASIÓN ein Melodrama in Reinform. Warum bedient sich der Filmkünstler und Surrealist Buñuel ausgerechnet dieses Genres? Wie bei den meisten seiner mexikanischen Filme handelt es sich hier auch um eine Auftragsarbeit, die ein breites Publikum erreichen sollte. Und das erfolgreichste Filmgenre dieser Zeit in Mexiko war nun mal das Melodrama. 

Dies ist auch ein Hauptgrund, warum  ABISMOS DE PASIÓN  bislang von der Kritik und von Filmhistorikern verschmäht worden ist. Das Hauptargument lautet, der Regisseur hätte sich zu sehr den Zwängen des mexikanischen Filmmarktes unterwerfen müssen. Er habe keine Möglichkeit gehabt, seine eigene "Handschrift" in den Film einzubringen. Der Film sei in dieser Form nicht von ihm intendiert gewesen. Dieses Argument wird auch auf andere Produktionen Buñuels aus dieser Phase angewendet, es kann aber teilweise entkräftet werden. Bei ABISMOS DE PASIÓN handelte es sich schon um ein Wunschprojekt. Die Surrealisten bewunderten Emily Brontés Roman "Sturmhöhen", weil die Protagonisten Heathcliff und Cathy, Alejandro und Catalina in Buñuels  Version, das Ideal der von den Surrealisten vielfach beschriebenen "Amour fou" verkörpern. Sicher, Buñuel musste sich an den Sehgewohnheiten des mexikanischen Publikums orientieren, radikale Avantgardefilme wie EIN ANDALUSISCHER HUND waren nicht möglich, eine "buñueleske"  Handschrift läßt sich aber auch in ABISMOS DE PASIÓN erkennen, genau wie in allen anderen seiner mexikanischen Produktionen. Die Konventionen des  Melodramas werden erfüllt, andererseits verleiht der Regisseur dem Film seine eigene, unverkennbare Note. Wunderbares Beispiel ist das übersteigerte Ende, für das sich allein das Sehen von ABISMOS DE PASIÓN lohnt. Aber dennoch muss man sagen, dass dieses Melodrama wie das Konzentrat einer ganzen Staffel einer Telenovela wirkt. Für einige Zuschauer wirkt das vielleicht gewöhnungsbedürftig, angesichts des aktuellen Booms dieses Genres, ist ABISMOS DE PASIÓN nicht aber grade dadurch wieder hochaktuell?

Natürlich kann die mexikanische Fassung von WUTHERING HEIGHTS, ein Film, der mit minimalem Budget und unter enormen Zeitdruck abgedreht wurde, nicht die schauspielerische Klasse von Sir Laurence Olivier oder David Niven aufbieten, wie die legendäre Adaption William Wylers aus den 30er Jahren, aber dennoch: Ja, es lohnt sich, ABISMOS DE PASIÓN anzuschauen.

 

Text: sp
Bild: LOS OLVIDADOS

Quelle: Verleih



 


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