IhreBilder seien wie "ein farbiges Band um eine Bombe" schwärmte derSurrealist André Breton. In den Augen Diego Riveras ist jedesihrer Gemälde "ätzend und zärtlich, hart wie Stahl und zart und feinwie der Flügel eines Schmetterlings, bewunderswert wie ein schönesLächeln und tiefgründig und grausam wie die Bitternis des Lebens." DieRede ist von Frida Kahlo. Die Malerin, die bereits zu Lebzeiteneine Legende war, hätte Anfang Juli ihren 100. Geburtstag gefeiert. Inihrer Heimat Mexiko wird die Ausnahmekünstlerin mit deraußergewöhnlichen Biographie dieser Tage angemessengewürdigt.
Nicht erst seit der äußerst erfolgreichen Verfilmung ihres Lebens undSchaffens (in dem Film FRIDA von Julie Taymor) ist das weltweiteInteresse an Frida Kahlo (1907-1954) erneut aufgeflammt. Grunddafür sind nicht nur ihre surreal anmutenden, kraftvoll-exotischenBilder, die heute offiziell zum nationalen Kulturgut Mexikos gehören.Zu gleichen Teilen ist es auch ihre Biographie, die viele weiblicheKünstler wie etwa Madonna oder Jennifer Lopez erklären läßt,Frida Kahlo sei ihr Vorbild. Sie sei, so urteilt der Maler (und ihrEhemann) Diego Rivera "die erste Frau in der Geschichte der Kunst, diemit absoluter und schonungsloser Aufrichtigkeit die allgemeinen undbesonderen Themen behandelte, die ausschließlich Frauen betreffen."Bereits in den 80er Jahren hatte die Frauenbewegung die Malerin fürsich entdeckt und setzte den Frida Kahlo-Boom in Gang. Die Malerin wareine zu ihrer Zeit und in ihrer Heimat außergewöhnlich emanzipierte undauch sehr starke Frau, die so manches Unglück in ihrem Leben ertragenmusste. Von einer Kinderlähmung im Alter von wohl sechs Jahren behältFrida eine Behinderung des rechts Beins, eben achtzehnjährig erleidetsie einen fatalen Busunfall. Diesen überlebt sie zwar schwerstverletzt,er markiert aber den Anfangspunkt lebenslänglicher Schmerzen undzahlloser Operationen. An den Spätfolgen schließlich, nachdem sie fastihr halbes Lebens an Rollstuhl oder Krankenbett gefesselt war, stirbtsie mit gerade 47 Jahren. Sowohl die körperlichen als auch dieseelischen Schmerzen -aus ihrer turbulenten Ehe mit Rivera mit dem siein Liebe und Eifersucht ihr Leben lang verbunden blieb- warenaber auch gleichzeitig Quell ihrer künstlerischen Kreativität. IhreKunst entstand und entfaltete sich mit ihrem Schmerz. Ihre Bilder sinddaher zutiefst persönlich, eine Art visuelles Tagebuch. Aber neben denzentralen Themen Schmerz, Verlust und Leiden sind ihre Werke mitstarken sozialen, politischen und historischen Bezügen gespickt. FridaKahlo: sie war Avantgarde als Malerin, Kommunistin aus Überzeugung,Ehefrau des berühmten Muralisten Diego Rivera, Geliebte von Leo Trotzkiund Josephine Baker, glühende Nationalistin und "Schmerzensfrau": ihrfacettenreiches Leben scheint prädestiniert für die Leinwand zu sein.Anläßlich der Festivitäten zu ihrem hundertsten Geburtstag (diein zahlreichen Ausstellungen in Mexiko Stadt ihren Höhepunkt finden)entstand deswegen ein neuer Film über ihr bewegtes und bewegendesLeben: DIEGO Y FRIDA, UNA APASIONADA TRAVESTIA. Gedreht hat ihn GabrielFigueroa, der Sohn des gleichnamigen berühmten Kameramannes. Vor demweltweit erfolgreichen Film FRIDA, der Hollywoodproduktion ausdem Jahr 2002 mit Salma Hayek in ihrer vermutlich besten Rolle, wurdeFrida Kahlos Leben bereits mehrmals im Kino dargestellt: Zum ersten Malbereits 1965 in THE LIFE AND DEATH OF FRIDA KAHLO (von Karen und DavidCrommie). 1971 widmet ihr die mexikanische Regisseurin MarcelaFernández Violante einen Dokumentarfilm. Den ersten bedeutendenSpielfilm über ihr Leben drehte Paul Leduc im Jahr 1986. Leducmacht sie zu einer Ikone des mestizischen Mexikos, zum Idealtypus derVermischung von europäischer und indigener Kultur, der dazu noch denGeist des revolutionären Mexiko versinnbildlicht. In dem Film,der Fieberträume der sterbenden Künstlerin und historischeIkonographie des Landes, also politisches und privates, zu einembarocken Tableau zusammenfügt, verkörpert die Schauspielerin OfeliaMedina Frida Kahlo. Medina ist es auch, die pünktlich zum centenario ein Theaterstück uraufführt: CADA QUIEN SU FRIDA. Das Stück, dasauf den Tagebüchern Fridas sowie auf dem Buch „Memoria y razón de DiegoRivera“ beruht, wird in Europa ab Oktober auf den Theaterfestivals inCádiz und Cazorla (in Andalusien), in Madrid, Barcelona sowie inDänemark zu sehen sein.
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