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Die Kritiker und das Kino Latino

Vor einigen Jahren hat kinolatino.de in einem Artikel über eine Aktion der  "Steadycam" aufmerksam gemacht: die Macher dieser wunderbaren Filmzeitschrift (die hoffentlich bald wieder neu aufgelegt wird) hatten Kritiker, Regisseure, Autoren und andere Enthusiasten eingeladen, IHRE Auswahl von filmischen Highlights zu nennen. Es ging der "Steadycam" nicht darum, uns Filme unter Motti wie "Filme, die man gesehen haben muss bevor man zu stirbt" o.ä. aufzuoktroyieren, man wollte nur eine sehr persönliche Auswahl von Lieblingsfilmen zusammenstellen, so die Aussage ihrer Macher. Die britische Filmzeitschrift SIGHT AND SOUND geht dagegen klassisch vor und veröffentlicht in regelmäßigen Abständen eine Liste von Filmen, die laut den befragten Kritikern, die "besten Filme aller Zeiten" umfasst. Seit 1952 gab es fünf Listen. Vor einigen Wochen erschienen die aktualisierte Version, die fünfte Umfrage.

An dieser Stelle sei die ganze Liste wiedergegeben, so dass jeder sich, sollte er Anhänger solcher Listen sein, sich über diese freuen, wundern oder ärgern kann. Die uneinheitliche Schreibweise der Titel ist der Sight and Sound übernommen.
1. "Vertigo"
 Alfred Hitchcock, 1958 
 2. "Citizen Kane"
 Orson Welles, 1941
3. "Tokyo Story"
Ozu Yasujiro, 1953 
4. "The Rules of the Game"
Jean Renoir, 1939 
5. "Sunrise"
 FW Murnau, 1927 
6. "2001: A Space Odyssey"
 Stanley Kubrick, 1968 
7. "The Searchers"
 John Ford, 1956
8. "Man With a Movie Camera"
Dziga Vertov, 1929
9. "The Passion of Joan of Arc"
Carl Dreyer, 1927 
10. "8 1/2"
Federico Fellini, 1963
11. Battleship Potemkin
Sergei Eisenstein, 1925 
12. L’Atalante
Jean Vigo, 1934 
13. Breathless
Jean-Luc Godard, 1960 
14. Apocalypse Now
Francis Ford Coppola, 1979 
15. Late Spring
Ozu Yasujiro, 1949 
16. Au hasard Balthazar
Robert Bresson, 1966 
17. Seven Samurai
Kurosawa Akira, 1954 
18. Persona
Ingmar Bergman, 1966 
19. Mirror
Andrei Tarkovsky, 1974 
20. Singin’ in the Rain
Stanley Donen & Gene Kelly, 1951 
21. L’avventura
Michelangelo Antonioni, 1960 
22. Le Mépris
Jean-Luc Godard, 1963 
23. The Godfather
Francis Ford Coppola, 1972 
24. Ordet
Carl Dreyer, 1955
25. In the Mood for Love
Wong Kar-Wai, 2000 
26. Rashomon
Kurosawa Akira, 1950 
27. Andrei Rublev
Andrei Tarkovsky, 1966 
28. Mulholland Drive
David Lynch, 2001 
29. Stalker
Andrei Tarkovsky, 1979
30. Shoah
Claude Lanzmann, 1985 
31. The Godfather Part II
Francis Ford Coppola, 1974 
32. Taxi Driver
Martin Scorsese, 1976 
33. Bicycle Thieves
Vittoria De Sica, 1948
34. The General
Buster Keaton & Clyde Bruckman, 1926 
35. Metropolis
Fritz Lang, 1927 
36. Psycho
Alfred Hitchcock, 1960 
37. Jeanne Dielman, 23 quai du Commerce 1080 Bruxelles
Chantal Akerman, 1975 
38. Sátántangó
Béla Tarr, 1994 
39. The 400 Blows
François Truffaut, 1959 
40. La dolce vita
Federico Fellini, 1960 
41. Journey to Italy
Roberto Rossellini, 1954
42. Pather Panchali
Satyajit Ray, 1955
43. Some Like It Hot
Billy Wilder, 1959
44. Gertrud
Carl Dreyer, 1964 
45. Pierrot le fou
Jean-Luc Godard, 1965
46. Play Time
Jacques Tati, 1967
47.Close-Up
Abbas Kiarostami, 1990 
48. The Battle of Algiers
Gillo Pontecorvo, 1966 
49. Histoire(s) du cinéma
Jean-Luc Godard, 1998 
50. City Lights
Charlie Chaplin, 1931 
50. Ugetsu monogatari
Mizoguchi Kenji, 1953 (mit der gleichen Anzahl von Stimmen wie City Lights)
50. La Jetée
Chris Marker, 1962 (mit der gleichen Anzahl von Stimmen wie Ugetsu monogatari und City Lights)
 
Man sieht: Kunstfilme, Autorenfilme, klassisches Hollywoodkino und wenige, sehr wenige neue Titel sind in der Liste vertreten. Und es fällt auf, diese Liste ist derjenigen der Steady Cam nicht unähnlich.
Das Ergebnis der Steadycam-Liste  ist - zum Vergleich - eine umfangreiche Favoriten-Liste, die letztlich 2127 Filmen (!!) aus der Zeit von 1905 bis 2006 umfasste und Filme aus zahlreichen Ländern, unterschiedlichen Kulturen und Kontinenten und dabei alle erdenklichen Genres, die ganze Bandbreite zwischen intellektuellen Kunstfilm und Splatterfilm, abdeckt. Alfred Hitchcocks VERTIGO aus dem Jahr 1958 wurde auch in der Steadycam zum Lieblingsfilm gekürt. (1985 als es schon einmal so eine Umfrage gab, war es LE SAMOURAI von Jean-Pierre Melville, zehn Jahre später war es John Fords THE SEARCHERS). Der Anteil des Cine Latinos ist eher marginal. Unter den 5220 Filmen, die genannt hätten werden können, unter den 2127 Filmen die letztendlich genannt wurden, befinden sich nur etwas mehr als zwei Dutzend Filme mit etwas mehr als drei Dutzend Stimmen an denen lateinamerikanische Filmschaffende beteiligt sind. Zum Vergleich: US-Filme erhielten insgesamt mehr als 3000 Nennungen, Produktionen aus Italien und Frankreich zusammen die Hälfte davon. Filme aus ganz Süd- und Mittelamerika kommen aufgenauso viele Stimmen, wie Filme aus dem kleinen Dänemark. Aber trotzdem sind die Übergänge noch fließend und es ließe sich streiten: ist etwa QUE VIVA MEXICO, ein Werk, das die Filmästhetik des mexikanischen Kinosjahrzehnte lang maßgeblich mitbestimmt hat, aber vom sowjetischenRegisseur Sergej Eisenstein stammt, ein Latino-Film? Wie sieht es mit Roman Polanskis DEATH AND THE MAIDEN aus, eine französische Produktion von einem polnischen Regisseur mit einem britischen (Sir Ben Kingsley) und einer US-amerikanischen Schauspielerin (Sigourney Weaver) in den Hauptrollen, dessen Drehbuch von dem Argentinier Ariel Dorfman geschrieben wurde und die in Lateinamerika gedreht wurde? Wie viel"Latino- Anteil" liegt in dieser Produktion? Dieser Diskurs ließe sich noch auf andere Filme übertragen...Der am häufigsten genannte Regisseur unter den „Latinos“ ist der gebürtige Spanier und Exil-Mexikaner Luis Buñuel. Von seinen in Mexiko entstandenen Filmen sind gleich neun Filme auf die Liste gelangt. Fast erwartungsgemäß wurden neben den „Klassikern“zu denen neben Buñuel auch Glauber Rocha, Raoul Ruiz, Alejandro Jodorowsky und Marcel Camus mit seinem Film ORFEU NEGRO zählen, auch für aktuell hochgehandelte Vertreter des lateinamerikanischen Kinos Stimmen abgegeben. In Relation zu seinem bisherigen Oeuvre erhielt Alejandro González Iñárritu die meisten Nominierungen (für 21 GRAMS; AMORES PERROS; BABEL). Fernando Meirelles CIDADE DE DEUS gehörte daneben genausozu den Lieblingsfilmen der Kritiker und Filmschaffenden, wie auch LA CIÉNAGA (Lucrecia Martel), GARAGE OLIMPO (JUNTA, Marco Bechis), ABRAZO PARTIDO (Daniel Burman) oder LA LIBERTAD von Lisandro Alonso).
 
 
Ein weiterer Versuch, so einen Kanon aufzustellen, stammt von der Cahiers du cinéma, die für viele immer noch als die bedeutendste Filmzeitschrift gilt. 2008 erstellte sie eine Auflistung mit dem Titel "100 films pour une cinémathèque idéale". Das Ergebnis:
Claude-Jean Philippe erstellte zusammen mit 78 Filmkritikern und anderen Persönlichkeiten der französischen Filmbranche einen Kanon, der wenig überraschend von Orson Welles CITIZEN KANE angeführt wird. Erstaunlich jedoch - war die Cahiers doch einstmals Avantgarde - ist die Rückwärtsgewandtheit, die man auch ansatzweise bei der Umfrage in der Sight and Sound erkennen konnte. Der jüngste Film unter den Top 20 stammt aus dem Jahr 1963 und ist LE MÉPRIS von Jean- Luc Godard.
Und: leider ist es wiederum wenig erstaunlich, dass in einer Liste, die sehr Europa-zentriert ist (kein Steven Spielberg, wenig Hollywoodkino, dafür ein großer Anteil an französischen Produktionen) auch fast kein Platz für lateinamerikanisches Kino war. Einziger Vertreter des Kino Latinos ist der gebürtige Spanier Luis Buñuel mit seinem in Mexiko entstandenen ÉL (1952/53). Es gibt darin sonst keinen Film aus Brasilien, keinen aus Argentinien oder den mittleren und kleineren Filmindustrien Süd- oder Mittelamerikas. Auch wenn ein Filmkanon immer nur subjektiv sein kann, hat diese Liste ebenso wie der Steady Cam oder der Sight and Sound Ähnlichkeiten in Hinsicht auf die Nicht-Berücksichtigung oder Fast-nicht-Präsenz von lateinamerikanischen Filmen und damit eine gewisse Aussagekraft über das lateinamerikanische Kino: es wird immer noch -  außerhalb der Filmfestivals - kaum wahrgenommen und hat deswegen nur eine kleine Lobby. Darum gibt es aber kinolatino.de: wir bemühen uns, dass die lateinamerikanische Filmkultur und -tradition ein wenig mehr festverankerte Präsenz (vielleicht auch Akzeptanz) erhält, die angemessen wäre und die das lateinamerikanische Kino auch verdient. 
 
 
Sven Pötting
Quellen: Sight and Sound, Steadycam, Cahiers du cinéma
  

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